Gespräch auf einer Ruhebank

mit weiteren Informationen und Quellen

Die folgenden Thesen sind als Anregungen und Diskussionsgrundlage gedacht und nicht nach ihrer Priorität sortiert:

1. Kommunikation

ist in jedweder Form zu fördern. Wer nicht Stimme, Sprache und Gestik regelmäßig einsetzt, wird es immer schwerer haben, die eigene Rolle im Straßenverkehr selbstbewusst wahrzunehmen und sich in Konfliktsituationen zu behaupten.

„Zu den erforderlichen Kompetenzen gehören insbesondere

  • die Fähigkeit, mit anderen zu kommunizieren und anderen Verkehrsteilnehmern die eigenen Absichten eindeutig und entschlossen mitzuteilen,
  • die Fähigkeit, Absichten der anderen Verkehrsteilnehmer zu erkennen und sich auf Schwierigkeiten der anderen Verkehrsteilnehmer rechtzeitig einzustellen sowie
  • die Fähigkeit, in [Konfliktfällen Lösungen] mit anderen Verkehrsteilnehmern möglichst flexibel auszuhandeln.“[1]

2. Lernen

möchten viele Menschen bis ins hohe Alter, doch nach Abschluss der Schulzeit möchten nur noch wenige „erzogen“ oder „trainiert“ werden. Vielleicht lässt man sich aber gerne einmal „beraten“.

Intellektuell geprägte Menschen wollen bis zum Ende ihres Lebens „etwas dazulernen“. Der Spruch „Man wird alt wie `ne Kuh, und lernt immer dazu“ ist beliebt. Andere wollen allein vom Wort „lernen“ nichts hören. Lernen und pauken mussten sie in der Schule, das ist lange her und war schon schrecklich genug. Sie verweigern sich dennoch nicht der Wissensaufnahme, nur wollen sie die Themen schon selbst bestimmen und sind erst einmal wenig offen für „von außen“ an sie herangetragene Problem-Themen. In einer Analyse von Verkehrssicherheitsprogrammen wird sehr vorsichtig ausgedrückt, „dass es schon eines besonderen Engagements bedarf, Senioren auf ihre Verkehrssicherheit anzusprechen.“[2]

Mit Begriffen wie „Verkehrserziehung“, „Mobilitätstraining“, „Verkehrssicherheitsarbeit“ oder gar „Altenarbeit“ können ältere Menschen wenig anfangen. Erziehung – Training – Arbeit. Eigentlich wäre auch der Begriff „Verkehrsaufklärung“ treffender, dieser bedeutet eine gezielte Intervention, deren Zweck eine Einstellungs- und/oder Verhaltensänderung bei einzelnen Personen darstellt.“[3] Doch auch das „Thema Verkehrsaufklärung hat keinen eigenständigen motivierenden Attraktivitätswert“[4], als „aufgeklärt“ fühlt sich diese Generation schon seit vielen Jahrzehnten.

Nicht erwähnt wurde in der Beziehung zur Verkehrssicherheit in der Literatur der weitgehend unbelastete Begriff „Beratung“: Verkehrssicherheitsberatung, weiter gefasst als Mobilitätsberatung, oder auch im Zusammenhang mit der Gesundheitsberatung. Dies sind aus vielen Gründen gesellschaftliche Aufgabenstellungen mit zunehmender und vor allem generationsübergreifender Bedeutung.

3. Begriffe

müssen bedacht gewählt werden, um ältere Menschen als Zielgruppe ansprechen zu können. Obwohl die Bezeichnungen der hier behandelten Thematik nicht auf Interesse stoßen oder sogar abschrecken, muss man die Handlungsempfehlungen letztlich auch mit Worten benennen können.

Dies ist ein recht schwieriges Thema bei der Ansprache von Senioren. In der Literatur werden im wesentlichen Begriffe genannt, die möglichst nicht verwendet werden sollten oder tabu sind. Alternativen werden leider kaum vorgestellt und es fehlt auch an Hinweisen zu guten Beispielen.

Angesprochen werden muss „eine `neue Generation von Senioren`, die bis ins hohe Alter aktiv und mobil sein wollen, ohne sich ´alt´ zu fühlen“[5] Bei der Produktwerbung gilt der Grundsatz, dass die Senioren möglichst „nicht auf ihr Alter angesprochen und als Senioren bezeichnet werden möchten.“[6] „Angesichts all der Aufmerksamkeit auf die Besonderheiten von Senioren im Verkehr dürfen ihnen jedoch keine abwertenden Rollen oder inkompetenten Attribute im Verkehr zugeschrieben werden. Auch für die Denk- und Verhaltensgewohnheiten der übrigen Verkehrsteilnehmer gilt, dass die gesellschaftliche Ausgrenzung von Senioren vermieden werden muss.“[7] „Generell gilt im ´Senioren-Marketing´ ein eindeutiges Tabu des defizitären Altersbildes.“[8] Auch das „Thema Verkehrssicherheit [besitzt] bei älteren Fußgängern und ÖPNV-Benutzern wenig Informationsattraktivität.“[9]

Für die Verkehrssicherheitsbemühungen gilt deshalb (theoretisch) seit vielen Jahren: „Eine besondere Anforderung an [die …] Breitenaufklärung liegt darin, dass sowohl das Thema Verkehrsaufklärung als auch die Zielgruppe Senioren in der Außendarstellung nicht im Vordergrund stehen bzw. überhaupt in Erscheinung treten dürfen, damit keine Blockade-Haltung bei der Zielgruppe der Senioren aufgebaut wird.“[10] Danach darf man weder die Zielgruppe nennen, noch das Ziel der Bemühungen. Diese Einschränkungen machen es fast unmöglich, das Thema adäquat an den Mann oder die Frau zu bringen. Wenn man Verkehrssicherheitsaspekte behandelt, muss man sie auch so bezeichnen dürfen.

Auch der Name dieser Website „senioren-sicher-mobil“ lässt sich kritisch beleuchten: Das Wort „Senioren“ soll eigentlich gar nicht verwendet werden, Das Wort „sicher“ stößt nicht auf Interesse bei den Senioren und das Wort „mobil“ wurde bei einer Umfrage im Rahmen des Projektes als ein zu akademischer Begriff empfunden. Da, wo die Zielgruppe direkt angesprochen wird (vgl. Tipps für Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer), wurde versucht, auf eine Alterszuordnung der Tipps weitestgehend zu verzichten. Generell aber sind die Verfasser der Meinung, dass die Begriffe „Senioren“ oder „ältere Menschen“ nicht diskriminierend sind. Es gibt ganz sicher ältere Menschen, die es als angenehm empfinden, wenn sie durch solche Begriffe darauf hingewiesen werden, dass hier Informationen für sie bereit gestellt wurden.

4. Printmedien

haben für ältere Menschen (noch) einen sehr hohen Stellenwert. Deshalb sollten die Massen- und auch die kleineren Medien sowie Auslagemöglichkeiten intensiv genutzt werden.

Spezielle Seniorenprogramme zur persönlichen Ansprache von älteren Menschen stoßen bei diesen zunehmend auf eine reservierte Haltung.“[11] „Medien haben [dagegen] im Leben älterer Menschen quantitativ und funktional gesehen einen höheren Stellenwert als bei jüngeren Altersgruppen.“[12] Senioren sind gegenüber Printmedien durchaus aufgeschlossen und lesen diese intensiver als jüngere Menschen. „Gerade bei Printmedien können die Konsumenten die Geschwindigkeit der Verarbeitung von Informationen selbst bestimmen. Dies begünstigt auch die Beachtung von Anzeigen.“[13] sowie Nebeninformationen.

Insofern wäre es angemessen, die Massenmedien auf ihre Verantwortung zur Information ihres Klientel hinzuweisen. Genau so wichtig ist aber die Einbeziehung „begrenzt öffentlich zugängliche[r] Medien für Senioren […] und/oder allgemein für Verkehrsteilnehmer (z.B. […] Artikel in Kunden-/Mitgliederzeitschriften“, Hauswurfzeitungen, etc.).[14] „Informationen zum Thema ´Verkehrssicherheit´ mit altersbezogenen Inhalten ohne altersbezogene Titel können in Tageszeitungen und Anzeigenblättern veröffentlicht werden.“[15] „Die Artikel sollten dabei […] nicht mit dem defizitären Altersbild arbeiten, sondern den Sicherheitsaspekt generationsübergreifend darstellen.“[16]

Genauso sinnvoll ist es, „Plakate, Flyer und Broschüren etwa in Altenzentren, Apotheken, Arztpraxen, Kommunal-/Stadtverwaltungen, Büchereien, Familienzentren, Volkshochschulen und anderen Orten [auszulegen], an denen neben Senioren auch sonstige Verkehrsteilnehmer das `Publikum´ ausmachen.“[17]

„Botschaften, die sich an Senioren wenden, sollten in ihrem Inhalt und ihrer Gestaltung klar, eindeutig und verständlich sein…“ Medienbotschaften sollten darüber hinaus „generell – also nicht nur bei Senioren als Zielgruppe – weniger auf emotionaler als auf sachlicher Ebene ansprechen und dabei argumentativ überzeugen.“[18] In den Botschaften berücksichtigen sollte man auf jeden Fall, „dass es älteren Menschen ein zentrales Anliegen ist, gebraucht zu werden, ihr Wissen und ihre Erfahrungen einzubringen, ernst genommen zu werden und sozial aktiv zu sein.“[19]

5. Bilddarstellungen

sind mehr als nur Blickfang. Empfohlen werden generationsübergreifende Fotos und Darstellungen.

„Medienbotschaften, die sich an ältere Menschen richten, sollten durch Kommunikatoren präsentiert werden, die für die Senioren ein hohes Identifikationspotential haben. Da sich heute Senioren im Vergleich zu ihrem kalendarischen Alter zumeist jünger fühlen, muss ein solcher Kommunikator nicht unbedingt dem tatsächlichen Alter der Zielgruppe entsprechen.“[20] „Der erfolgversprechende Weg ist ein Cross-Generation Marketing. Hier werden mehrere Generationen in das Marketing mit einbezogen und dargestellt. Dies unterstützt auch das Bedürfnis, in der Gesellschaft integriert zu sein.“[21]

6. Internetinformationen

werden zunehmend auch von Senioren genutzt und dabei suchen sie vorrangig nach Sach- und Verbraucherinformationen. Das Internet wird also zurzeit eher zu vorsichtig für Verkehrssicherheits-Botschaften eingesetzt.

Obwohl sich die Datenlage täglich ändert, wird häufig davon ausgegangen, dass nur ein kleiner Anteil der Menschen im Alter von über 65 Jahren das Internet benutzt. Dabei ist der Anstieg der Internetbenutzerinnen und Benutzer noch rasanter als die demografische Entwicklung der Bevölkerung in Deutschland. Nach Umfragen lag er seit dem Jahr 2006 bis zum Jahr 2012 bei etwa 80 %, sodass davon ausgegangen werden kann, dass derzeit bereits über 40 % aller Senioren das Internet benutzen.[22] Die Dauer der Onlinenutzung war nach einer älteren Studie in der Gruppe der 50+ Generation kaum geringer als bei jüngeren Menschen. Nach dem Mailen lag das Abrufen von Sach- und Verbraucherinformationen mit etwa 2/3 aller Aktivitäten an der uneingeschränkten Spitze und damit deutlich höher als bei jüngeren Menschen.[23] Immerhin riefen 67 % aller Internetnutzerinnen und Nutzer ab 65 Jahren Informationen über Gesundheitsthemen ab. Ein Thema, das ab dem Alter von 25 Jahren generationsübergreifend einen Spitzenplatz einnimmt. Dies sollte bei der Verkehrssicherheitsarbeit in Zukunft stärker berücksichtigt werden.[24]

 

 


Ganz sicher gibt es Aspekte, die in dieser Zusammenstellung fehlen. Wenn Sie weitere Hinweise geben möchten oder mit Formulierungen nicht einverstanden sind, nehmen Sie bitte mit uns Kontakt auf.

In der Rubrik Sicherheit wird das Verkehrsunfall-Risiko für Senioren beschrieben. Die Verbesserung der Verkehrssicherheit ist in einem hohen Maße von der örtlichen Infrastruktur der Verkehrsflächen und Aufenthaltsräume abhängig. Sie kann durch die Verkehrsmittelwahl und das Verkehrsverhalten beeinflusst werden und ist zudem abhängig von der Wahrnehmungsfähigkeit und der Gesundheit der Verkehrsteilnehmer. Auf der Grundlage dieser Hintergrundinformationen wurden beispielhaft für die ältere Generation Tipps für alle Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer zusammengestellt.

Im Literatur-Register finden Sie eine Zusammenstellung ausgesuchter Veröffentlichungen zum Themenkomplex.

 


Quellenangaben und Anmerkungen

[1] Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen bast (Hrsg.): Perspektiven der Verkehrssicherheitsarbeit mit Senioren, Teil A: Erster Bericht der Projektgruppe zur Optimierung der Zielgruppenprogramme für die Verkehrsaufklärung von Senioren, Reihe Mensch und Sicherheit, Heft M131, Bergisch Gladbach, 2001, S. 14

[2] ebenda., S. 16

[3] Kaiser, H.J.: Anspracheformen der Verkehrsaufklärung älterer Menschen, Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, Heft M 90, Bergisch-Gladbach, 1998. Aus Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen bast, Heft M131, 2001, a.a.O., S. 66

[4] Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen bast, Heft M131, 2001, a.a.O., S. 71

[5] Europäische Konferenz zur Straßenverkehrssicherheit von Senioren, Köln, Mai 2000, zit. nach Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen bast, Heft M131, 2001, a.a.O., S.7

[6] Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen bast, Heft M131, 2001, a.a.O., S. 50

[7] Emsbach, Michael: Aktivierende Verkehrssicherheitsarbeit mit älteren Menschen, in: Flade, A., Limbourg, M., Schlag, B. (Hrsg.): Mobilität älterer Menschen, Leske + Budrich, Opladen, 2011, S. 281

[8] Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen bast, Heft M131, 2001, a.a.O., S. 70

[9] ebenda, S. 69

[10] Kaiser, H.J.: Anspracheformen der Verkehrsaufklärung älterer Menschen, Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, Heft M 90, Bergisch-Gladbach, 1998, aus Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen bast, Heft M131, 2001, a.a.O., S. 69

[11] Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen bast, Heft M131, 2001, a.a.O., S. 48

[12] ebenda, S. 49

[13] ebenda, S. 70

[14] ebenda, S. 49

[15] ebenda, S. 70

[16] ebenda, S. 70

[17] ebenda, S. 52

[18] ebenda, S. 50

[19] ebenda, S. 51

[20] ebenda, S. 50

[21] ebenda, S. 70

[22] Geschätzt nach Bevölkerungszahl und http://de.statista.com/statistik/daten/studie/77162/umfrage/internet---anzahl-der-nutzer-nach-altersgruppen-2006-bis-2012/ (27.11.2012)

[23] Grajczyk, A., Klingler, W., Mediennutzung der ab 50-Jährigen (ARD/ZDF-Onlinestudie), Media Perspektiven, 4, 1999, S. 202-216 aus Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen bast, Heft M131, 2001, a.a.O., S.50

[24] Daten 2010, Alter 25-44 zum Vergleich: 63 %. Aus Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Ältere Menschen in Deutschland und der EU, Wiesbaden, 2011